Ansprache an der Vernissage
Armin Caduff

Gedanken zu meinem Freund und Künstler Bernard Caduff (1949-2008)
Wir kamen von einem Konzert in Wiesbaden und befanden uns auf der Rückreise, als Charly uns anrief, um mitzuteilen, sein Bruder sei letzte Nacht gestorben. Während der ganzen darauf folgenden Fahrt war ich in Gedanken bei meinem Freund Bernard Caduff.
Wir sind zusammen aufgewachsen, zusammen zur Schule gegangen und wohnten später zusammen an der Baslerstrasse in Zürich. Nach der Primar- und Sekundarschule in Danis-Tavanasa absolvierte Bernard Caduff in Chur eine Lehre als Postbeamter. Wie viele von uns wäre auch er gerne Fussballprofi geworden. Neben dieser Leidenschaft besass er eine stark dominierende Künstlerader. Diese Begabung setzte sich durch. Denn er war zeit seines Lebens mit Herz und Seele der Malerei verfallen. Nach seiner Postlehre zog es ihn nach Zürich. Dort fand er bei der Post eine geeignete Teilzeitbeschäftigung, die es ihm erlaubte, seine künstlerische Tätigkeit auszuüben. Er studierte die Technik seiner grossen Vorbilder, Picasso und Miro. Er besuchte Kurse an mehreren Kunstschulen. Berndard Caduff wollte sich in seiner künstlerischen Aussage nicht binden. Er strebte bereits in jungen Jahren nach einem eigenen Stil. Menschen und deren Gesichter mit ausschweifenden Verzierungen und fantasievollen Evolutionen waren Anfang der siebziger Jahre das Markenzeichen seiner Werke. Es schien, als hätte er eine eigene Stilrichtung gefunden. Im Verlaufe der Jahre blieb der Mensch als Ausdruckskraft seiner Ideen stets im Mittelpunkt seines Schaffens. Almählich verwandelten sich seine Figuren in schnörkellose und schlanke Kreaturen. Dass daraus auch Skulpturen entstanden, war wohl die natürlichste Entwicklung. Menschen, aneinander gebunden, bildeten mehr und mehr Motive für seine darstellende Kunst. Ihm selber fiel es schwer, sich unterzuordnen. Er tanzte lieber aus der Reihe. Er zog es vor, seine Gedanken freien Lauf zu lassen und über andere Meschen und deren Benehmen zu philosofieren. Diese Liebe zu den Meschen ist auch deutlich in seinen Bildern ersichtlich und prägt sein ganzes Schaffen. Die wenigsten seiner Freunde interessierten sich für seine Kunst, aber geliebt und geschätzt wurde Benni von allen. Bernard Caduff pflegte seinen eigenen Lebensstil. Die eigene Gesundheit nahm er nicht so ernst. Um so strenger war er jedoch mit der Beurteilung seiner Werke. Fast gegen seinen Willen verkaufte er ungern seine Bilder und Skulpturen. Erst wenige Wochen vor seinem Tod, als er wieder zum Pinsel griff, war er zufrieden mit seiner Kunst. Bis anhin hatter er stets behauptet, sie sei noch nicht reif genug. Er war mit seiner Kunst so streng, dass er oft die Unterschrift auf seinen Werken verweigerte. Aber auch mit der Arbeit seiner Freunde gab er sich nicht so schnell zufrieden. So schuf er 1973 für uns das Titelbild der Schallplatte „Ovras da Duri Sialm“. Wir konnten ihm für seine Arbeit kein Geld bezahlen. Stattdessen luden wir ihn ein unser Konzert zu besuchen. Er lehnte diese Einladung ab mit der Begründung: „Schau Armin, ich komme später gerne in deine Konzerte, aber erst wenn deine Arbeit reifer ist und Früchte trägt“. Und so kam es, dass er erstmals anlässlich der Generalprobe der Oper „Moses“ 2007 in Obersaxen im Publikum sass. Da war er schon schwer krank. Er konnte weder essen noch trinken, doch er beklagte sich nie. Er war voller Hoffnung, schwärmte und träumte von der Arbeit, die auf ihn wartet. Dazu hatte er jedoch nicht die Kraft. Nur beim Minigolf spielen in Brigels konnte er seine Schmerzen vergessen und er erspielte hervorragende Ergebnisse. Im Herbst lag er plötzlich im Spital am Sterben. Aber auch zum Sterben war er noch nicht reif genug. Er wachte auf und erholte sich von Tag zu Tag. Wieder zu Hause, packte ihn eine innere Kraft, die ihn zum Malen zwang. In diesen letzten Wochen war Bernard voller Energie. Seine Lebensweisheiten konnte er nun in seinen Bildern zum Ausdruck bringen. Diese für ihn langersehnte künstlerische Reife hatte er jetzt erlangt. Er plante mit uns und seiner Familie seine erste grosse Bilderausstellung.
Meine Gedanken an Bernard weckten auf einmal in mir Gefühle der Freude. Denn ich spürte, dass er sein Ziel erreicht hatte. Inzwischen waren auch wir nach einer langen Fahrt von Wiesbaden in Danis angekommen. Und nun, ein Jahr später, können wir mit grosser Freude seine Werke in diesen wunderschönen Räumen endlich der Öffentlichkeit zeigen. Es ist eine späte Würdigung an den Künstler Bernard Caduff, mit welcher wir ihm für sein künslerisches Schaffen die Ehre erweisen möchten.
Danis, Januar 2009
Armin Caduff